sie will aussortieren

„sie will aussortieren“ sagt der Vodafone-Mitarbeiter, als ich ihm in einem Store in Berlin Tempelhof mitteile, dass ich meine alte Nummer nicht mitnehmen möchte. Was der wohl passiert ist? Ich sehe die Fragezeichen auf seiner Stirn, während ich mir meine neue mobile Identität kaufe und verspüre Erleichterung beim Blick auf die Zahlen, die ich fortan aufsagen werde, wenn mich jemand nach meiner Nummer fragt.
„Falls ich meine neue Nummer überhaupt hergeben werde“, denke ich. Denn wenn ich etwas bereue, dann ist es ja genau das. Dass ich die letzten zehn Jahre ziemlich schleißig mit meiner telefonischen Verfügbarkeit umgegangen bin – und damit auch in gewisser Weise mit meiner privaten.
Als ich meine erste deutsche Nummer bekam, war ich 24. Mittlerweile lebe ich ein ganz anderes Leben, und verteile meine Nummer nicht um 5 Uhr morgens im Tresor an französische Touristen namens Pierre, die noch eine „günstige Übernachtungsmöglichkeit“ suchen.
Ich gebe sie auch nicht der sympathischen, aber dennoch ein bisschen distanzierten Frau, mit der ich mich eine halbe Stunde lang auf einer Party unterhalten habe, um niemals auf einen Alibi-Kaffee zu gehen. Ich möchte keine Karteilaichen, keine fünfmal vorhandenen Vornamen ohne Nachnamen, ohne Assoziation, weil ich mal wieder zu outgoing war, um „nein“ zu sagen. Meine Nummer gehört mir.
Statt einem Dumbphone kaufe ich mir das neueste iPhone (16 pro) um 1300 Euro in Sand. Seit November habe ich über diese Anschaffung nachgedacht, und bin immer wieder zu dem Entschluss gekommen, dass ich eigentlich gar kein neues Handy brauche, weil das alte noch funktioniert.
„Ist das nicht ein bisschen absurd, nur dafür so viel Geld auszugeben?“, frage ich meine Therapeutin, und sie sagt: „Nein. Das ist es ihnen wert.“ Sie bezieht sich dabei auf etwas, das vielen Menschen über das letzte Jahrzehnt abhandengekommen ist: Privatsphäre – und Ruhe.
Ein Recht auf ein arbeitgeberfreies, Ex-Freunde-freies, abgelegte Dating-Partner-freies, lästige Bekanntschaften-die-sich-nur-melden-wenn-sie-was-brauchen-freies Phone. Ein Phone, das man morgens wieder unbesorgt in die Hand nehmen kann, weil sich dort nur Kontakte befinden, die man gerne im eigenen Leben hat; nur Apps, die einem Energie und Inspiration schenken, st…
By continuing to use the site, you agree to the use of cookies. more information
The cookie settings on this website are set to "allow cookies" to give you the best browsing experience possible. If you continue to use this website without changing your cookie settings or you click "Accept" below then you are consenting to this.