Ich sag’s euch, liebe Leute, die Feiertage waren much needed. Ganze 17 Tage habe ich meine Mails nicht gelesen – mein persönlicher Rekord im Spätkapitalismus, würde ich behaupten. Und das auch noch als Selbstständige!

„Das traust du dich?“, fragte mich eine Freundin gestern am Telefon. Da bemerkte ich wieder (zum etwa 1467. Mal), wie sehr wir es gewöhnt sind, 24/7 erreichbar zu sein – und dabei auch noch so zu tun, als ob wir ewig leben würden. Als ob kein Termin warten könnte. Als ob unser Leben (und Tod) von dem Geschreibsel anderer abhängt.

Als ich meine E-Mails heute Morgen öffnete, passierte übrigens: nichts. Oder zumindest nicht viel. Nichts, das ich nicht auch noch in einer oder zwei Wochen hätte lesen können.

Oder sogar vier. Aber zurück zum Thema, denn eigentlich wollte ich ja über Liv Strömquists neues Buch Das Orakel spricht (2024, avant-verlag) schreiben. Aber das kann ich nicht, ohne diese wunderbaren Feiertage zu erwähnen, die es mir ermöglicht haben, ausgiebig mit Freund:innen zu entspannen, zu wandern und hinterher ganz viel Kasspatzln zu essen.

Egal, wo ich mich in diesem Internet umsehe: Die Blogs meiner Zwanziger sind tot. Alle sind sie weg, und durch jüngere Macher*innen auf Insta, TikTok und YouTube ersetzt worden. Auch ich habe mich oft gefragt, ob ich Groschenphilosophin schließen soll. Nach 10 Jahren – und dem dazugehörigen Buch – wäre das ein schöner Abschluss, ein richtiges, gedrucktes Good-Bye.

Aber es wäre auch: schade. Denn Groschi ist eben auch Last Blog Standing. Der einzige noch übrige Blog seiner Art, auf dem eine Frau ü30 das popkulturelle Geschehen in altbekannter Manier kommentiert. Nämlich schriftlich – und noch dazu unabhängig von einer männlich-dominanten Redaktion oder externen Werbepartnern.

Wer jetzt kann, weil festangestellt, schon geerbt, oder in einer safen Partnerschaft mit einem spendablen Menschen – kann meine Arbeit 2025 am besten via steady unterstützen und danach hier weiterlesen.

Da saßen wir also eines Nachmittags zu dritt in der Wohnung in Innsbruck, und jeder daddelte ein bisschen vor sich hin. Ich öffnete neugierig mein Geschenk Das Orakel spricht – und konnte es die nächsten zwei Stunden nicht mehr weglegen. Fast wie eine gute Serie, deren Ende man gleichzeitig erwartet und fürchtet. Jede Seite ein neuer Dopaminschub angesichts Strömquists Genialität, das Banale des internet- und leistungsgetriebenen Alltags in Zeichnungen und Worten zu erfassen.

Liv Strömquist ist dabei für mich wie eine ältere Schwester im Geiste, denn auch sie ist es unfassbar leid, sich von Longevity-Influencern und Mindfulness-Coaches vollschwatzen zu lassen. Gekonnt nimmt sie Influencer auf die Schippe, deren Lebensinhalt daraus besteht, den eigenen Tod durch Burpees zu verhindern – als ob auch das ein ganz normaler Task wäre, nur ein weiterer Punkt auf der niemals endenden To-Do-Liste.