Ich weiß nicht, wie’s euch geht, aber wenn ich einen Roman anfasse, der einen Aufkleber mit den Worten „Literaturnobelpreis“ trägt, zittere ich schon ein bisschen vor Ehrfurcht. LITERATURNOBELPREIS, besser wird es nicht in diesem Leben, und die 54-jährige Schriftstellerin Han Kang hat ihn für ihr Werk Die Vegetarierin bekommen. Zwar erst achtzehn Jahre nach dessen Erscheinen 2007, aber immerhin.
Gut. Aufkleber ist das eine, Lesevergnügen das andere. Schließlich sind wir alle auch noch traumatisiert von der langweiligen, männlich dominierten Lektüre im Deutschunterricht, die immer noch als „Kanon“ ihr Unwesen treibt. Warum soll es also bei Die Vegetarierin anders sein, nur weil die Autorin eine Frau ist?
Ich war also – vorsichtig gesagt – skeptisch.
Meine Honest Review? Gibt es hier für alle Supporter. Denn egal, wo ich mich in diesem Internet umsehe: Die Blogs meiner Zwanziger sind tot. Alle sind sie weg und durch jüngere Macher*innen auf Insta, TikTok und YouTube ersetzt worden. Auch ich habe mich oft gefragt, ob ich Groschenphilosophin schließen soll. Nach 10 Jahren – und dem dazugehörigen Buch – wäre das ein schöner Abschluss, ein richtiges, gedrucktes Good-Bye.
Aber es wäre auch: schade. Denn Groschi ist eben auch Last Blog Standing. Der einzige noch übrige Blog seiner Art, auf dem eine Frau über 30 das popkulturelle Geschehen in altbekannter Manier kommentiert. Nämlich schriftlich – und noch dazu unabhängig von einer männlich dominierten Redaktion oder externen Werbepartnern.
Wer jetzt kann – weil festangestellt, schon geerbt oder in einer safen Partnerschaft mit einem spendablen Menschen – kann meine Arbeit 2025 am besten via steady unterstützen. Danke.
Was mir gut gefallen hat
Das Thema! Denn Gewalt gegen Frauen hat in Südkorea (und überall sonst auch im Patriarchat) Tradition. Umso besser, dass jetzt ein Buch zum sexistischen und manipulativen Verhalten von Männern die Runde macht. Weltweit, in hunderten von Sprachen.
Im Zentrum der Story steht eine Frau um die 30, die sich weigert, tierische Produkte zu essen – und daraufhin von ihrem Ehemann und ihrer Familie verstoßen wird. Ohne zu viel zu spoilern: Die Ehe der Hauptprotagonistin ist alles andere als wholesome.
Was mir auch gut gefallen hat: Die Perspektive. Denn wir hören nicht das „Ich“ der Frau, die missachtet, missbraucht und gehasst wird, sondern die ihres Umfelds. So eröffnet sich ein ganz neues Terrain des Grauens, das uns in die Köpfe ihrer Peiniger mitnimmt.
Zuerst spricht ihr Mann über die absolute „Durchschnittlichkeit“ seiner Frau, danach hören wir die kranken Gedanken ihres Schwagers und zuletzt ihre eigene Schwester, die sie aufgrund ihres fragwürdigen psychisch…