Ich öffne YouTube und schon wird mir eine unangenehme Gonzo-Reportage über das KitKat in Berlin vorgeschlagen. Ein Journalist, der keine Ahnung von der Szene hat, möchte jetzt auch ENDLICH eintauchen in das sex-positive Party-Life. Schließlich hat er schon so viel davon gehört! Er geht mit einer jungen Frau (ihres Zeichens „Szene-Kennerin“) shoppen, kauft sich ein Harness mit aufgeklebten Federn und trifft den Besitzer des Klubs bei Tageslicht, um ein paar PR-Shots zu drehen. Uff.
Ich frage mich: Wann ist Kink so Mainstream geworden? Und was bedeutet das für unser Verhältnis zu Sex? Es scheint, als ob er immer härter, fetisch-lastiger und aufregender werden müsste, damit wir uns überhaupt noch für ihn interessieren. Und genau über diese „sex-positive“ Entwicklung hat Beate Absalon ein Buch geschrieben.
In „Not giving a fuck“ widmet sich die Kulturwissenschafterin dem Gegenteil der Sex-Positivität, nämlich der Sexnegativität und damit verbundenen Gefühlen von Unbeholfenheit, Schüchternheit und Faulheit. Kennt jeder, der schonmal keinen Bock auf Sex hatte, sich dann aber doch dazu überreden hat lassen. Jeder, der Probleme hat, ihn konsistent hochzukriegen oder beschlossen hat, auf Sex zu verzichten und sich deshalb von seinem Umfeld (oder Bumble lol) etwas anhören muss.
Der Sex tut Absalon leid, weil er etwas ganz anderes werden könnte, wenn wir ihn nur ließen, anstatt damit beschäftigt zu sein, bloß die richtige Art von Sex und das richtige Maß an Sex zu praktizieren. Das gesellschaftliche Diktat lautet: Sex zu haben – also überhaupt Sex zu haben – und dann auch noch in einer normalen Frequenz, nicht zu selten, aber auch nicht zu hÃ…