Ich bin genervt. Ganz allgemein, aber heute speziell.

Ich warte seit einer Stunde beim Frauenarzt, und schlage irgendwann aus der Not heraus die Cosmopolitan auf.

„Ein Wunder, dass es dieses gedruckte Magazin überhaupt noch gibt“, denke ich mir. Und dann fängt auch noch plötzlich jede Kolumne mit dem Satz: „Seit ich Mutter geworden bin“ an, was das Fass zum Überlaufen bringt.

Ich schreibe ein kurzes Gedicht in mein iPhone.

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Seit ich Mutter geworden bin, seit ich Mutter geworden bin, seit ich Mutter geworden bin – seit ich keine anderen Satzanfänge mehr kenne, die mich von anderen Frauen unterscheiden; seit ich die Weisheit über meine Urlaubsauswahl auf meinen Milchzuschuss zurückführe, obwohl es auch mein Alter sein könnte. Und die Erkenntnis, dass Kochen im Urlaub einfach suckt, egal ob mir dabei jemand an der Titte nuckelt.

Seit ich Mutter bin, seit ich Mutter bin, seit ich Mutter bin schätze ich die Ruhe; seit ich keine Mutter bin, weiß ich trotzdem, dass es geil ist ein 5-Sterne-Hotel zu buchen. Seit ich keine Mutter bin, möchte ich meine Ruhe am Strand und einfach entspannt Nichtstun.

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Ich poste die Notiz auf Instagram und bekomme sofort jede Menge Zuspruch. Die Story wird hunderte Male geliked. Und natürlich bekomme ich auch mehr als genug DMs von Müttern, die nicht aufhören zu betonen, wie WICHTIG es doch sei, ständig über diese neugewonnene Perspektive zu sprechen, weil sich eben alles im Leben verändere. Und das müsse doch wohl erlaubt sein!

„Ja”, denke ich mir. “Das ist erlaubt. Aber ich entfolge dann eben oder kaufe euer Magazin nicht.“ Warum? Weil ich es einerseits supernervig finde, wenn Frauen plötzlich nur noch aus ihrer Mama-Perspektive sprechen können, während selbiges Phänomen bei den Herren der Schöpfung irgendwie … nicht angekommen ist. Hello, Patriarchat!

Zweitens weil ich – freiwillig und unfreiwillig – selbst mehr als genug vom ganzen Mütter-Content mitbekomme, während es im Vergleich dazu kaum #childfree Content von glücklichen und bewusst kinderfreien Frauen gibt. Oder nennt mir doch auf die Schnelle bitte drei Content-Creator, die genau dadurch bekannt geworden sind.

Passenderweise war ich erst vor Kurzem im Podcast von Sina Scheithauer Childfree Coffee Club und habe dort über meine eigene Entscheidung gegen Kinder gesprochen. Tatsächlich ist es auch die erste und einzige Podcast-Episode, in der ich bisher offen über meine Abtreibung spreche und warum sie das Beste war, das ich mit Ende-20-Anfang-30 tun konnte.

Ich bin nicht traumatisiert, im Gegenteil. Ich bin: frei. Ich bin jeden Tag froh, dass ich mein Leben genau so gestalten kann, wie ich das möchte, dass ich niemanden irgendwo abholen muss und nein, es fehlt mir nichts, danke.

Auch vorhin beim Frauenarzt, als das Baby der Frau neben mir alles vollkotzte, dachte ich mir nicht: ich will das auch. Ich dachte mir: Ich will da weg. Ich will das nicht, vermutlich niemals.

Oder, um es in den Worten einer Followerin zu sagen:

„Hi Bianca! Hab gerade die Childfree Coffee Club Episode mit dir gehört und ich wollte dir sagen, dass bisher niemand dieses Bedürfnis nach Freiheit so gut in Worte gefasst hat, wie du. Das war, noch bevor mir richtig bewusst war dass ich keine Kinder will, immer meine Antwort, wenn Leute mich gefragt haben was ich im Leben anstrebe. Freiheit. Und das Feedback war immer so verhalten, weil es niemand verstanden hat. Danke, dass du diesem Bedürfnis eine Stimme gegeben hast! Frauen wie wir sind ein Dorn im Auge des Patriarchats and I would not have it any other way. GaLiGrü gehen raus von Berlin nach Berlin.“

Freut euch in Zukunft auf mehr #childfree Content!

Bis bald,

 

Bianca Jankovska

 

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