Ich bin die schlechteste Musikjournalistin der Welt, glaube ich. Dabei liebe ich Musik! Ich brauche Musik. Als Autorin sollte ich das hinkriegen, oder?

Und dann dachte ich mir: Scheiß doch drauf. Ich schreibe meine Empfehlungen eben so, wie ich sie einer Freundin erzählen würde. Niederschwellig, ohne Fachvokabular und Firlefanz. Kurz und knackig. Schließlich geht’s immer noch um das Gefühl, oder?

Hier kommen meine Hör-Empfehlungen für den Frühling.

Lola Young – My Mind Wanders and Sometimes Leaves Completely

Ich liebeliebeliebe die 22-jährige Engländerin und höre ihr Album schon seit einer Weile rauf und runter. Wie kann man mit 22 Gefühle rund um toxic relationships, nervige mixed signals und seine eigenen Boundaries so treffend niederschreiben?

„And I don’t wanna sugarcoat shit
For your benefit
‘Cause you gotta leave, and I’m waiting
And you’re holding me down
And I got a long list of everything you did
And you better believe that it’s staying
‘Cause it’s part of me now”

Lola Young – Semantic Sensation

Es ist nicht nur das kluge Writing, das mich catcht, sondern auch das zeitgenössische Feel der Tracks, das trotzdem alles andere als generisch wirkt. Stimmtechnisch würde ich sie gerne mit Adele oder Amy Winehouse vergleichen, aber das darf man ja nicht. Look-technisch erinnert sie mich an mein 15-jähriges Ich in den mittleren 00er-Jahren. Ja, an Lola sieht wirklich alles, was man vor ein paar Jahren an Humana spendete, wieder cool aus. Sogar fetter Lidschatten und tiefhängende Hosen.

Beim Hören der Tracks fühle ich mich gleichzeitig melancholisch, empowert und: verstanden. Lyrics wie jene im Track „conceited“ (eingebildet) spiegeln ein feministisches Selbstverständnis wider, das Millennials imho lange Zeit fehlte.

“Told me that you loved me, you’re just talking to yourself
And I don’t wanna know, I don’t wanna hear it
Let your goddamn self out, you’re so conceited.”

Ihre Europa-Tourdaten sind übrigens schon ziemlich ausverkauft. Aber keine Sorge: Lola is here to stay würde ich sagen.

Waxahatchee – Tigers Blood

Tigers Blood ist nicht das erste Album dieser Band aus den Staaten, deren Namen ich nicht aussprechen kann. Ich glaube, die Sängerin Katie Crutchfield wurde mir irgendwann auf Instagram von Lena Dunham empfohlen. Could this be real? Egal.

Ich höre es gerne, wenn ich aufräume oder frühstücke, und irgendetwas im Hintergrund laufen soll, das mich weder aufregt, noch aufputscht, sondern einfach: sein lässt. Es ist wahrscheinlich unfair, Tigers Blood als „Hintergrundmusik“ zu verschmähen, aber für mich ist das durchaus ein Kompliment? Ist doch auch schön, wenn einem Lyrics nicht ins Gesicht geschrien werden?

Dementsprechend kann ich keinen Lieblingstitel nennen und auch nichts zitieren. Trotzdem eine Empfehlung von mir, weil schön dahinplätschernd, alt-poppig und nichts, wo meine Freunde ganz schnell sagen würden: „Bitte, mach was anderes an, es nervt.“

The Last Dinner Party – Prelude to Ecstasy

Das erste Mal gesehen habe ich die Band tatsächlich bei Böhmermann, wo die jungen Frauen „Nothing Matters“ performten. Hat mich wie so 1 Boomer richtig gecatcht vor dem Fernseher, woraufhin ich mir das Album in mein Handy geladen habe.

Prelude to Ecstasy ist ein Gesamtkunstwerk, es finden viele verschiedene Instrumente statt, die ich nicht benennen kann, aber gut zusammenspielen. Ich mag die dunkle, tragisch anmutende Stimme der Lead-Sängerin Abigail Morris und finde, dass die Gurls gutproduzierten, zeitgemäßen Alt-Pop machen, der sich für einen längeren Roadtrip eignet. Bisschen Drama muss auch sein!

Kein Album, das mir für immer im Gedächtnis bleiben wird, aber trotzdem hörenswert. Vor allem: „Nothing Matters“ und „Mirror“ (das ich auch für 1 Reel verwendet habe, lol).

Kojaque – Phantom of the Afters

Ich feiere den in London lebenden Iren, der mich (zumindest optisch, aber sehr wahrscheinlich auch charakterlich) an jeden meiner Wiener Exfreunde erinnert. Absolute vibes, der Dude. Und sein Writing, fuck me!

„For the last five years, love’s always been hypotheticalWhat if I maybe met the one?What if I maybe messaged you?What if you Scooby Doo meGhost me after my confessional?What if I’m the one they laugh aboutInside their message group?“

Kojaque – What If

Jeder Track ein Banger, an Kendrick Lamar erinnernder HipHop; der Track „Goodbye Jackie Dandelion“ eine direkte Anlehnung an Fontaines D.C.s „Jackie Down the Line“, und jetzt klinge ich doch fast wie eine klugscheißende Musik-Journalistin.

Nein, im Ernst: Wer Lamar mag, wer Fontaines mag, wer intelligente Texte, irischen Akzent und eine Prise Hochmut mag, der wird dieses Album rauf und runter hören und bei so mancher Line über eine dezente Insta-Non-Mention nachdenken. Promise!

Marika Hackman – Big Sigh

Big Sigh – also großes Seufzen – ist Programm. Das Album kommt relativ ruhig daher, mit Marikas gehauchten Lyrics, die man kaum versteht. Dazu: viel Klavier, ein paar Streicher und später auch softe Gitarren. Auch so ein Album, das ich wahrscheinlich eher beim Entspannen und Knutschen, als beim Sport hören würde.

Besonders in Erinnerung geblieben ist mir der Track “No Caffeine”, der mit seinen Lyrics ganz gut widerspiegelt, wie wir uns alle im Spätkapitalismus verhalten sollen, um als “gesund” zu gelten.

“Make a herbal tea, don’t throw up
Remember how to breathe, maybe try and fuck
Stay away from love, maybe take your clothes off.”

Swim school – seeing it now (EP)

Warum erinnert mich die Sängerin an Avril Lavigne? Also, nur optisch. Glaube ich. Jedenfalls habe ich diese Band in der Apple Playlist Antidote entdeckt (sowieso eine Empfehlung) und bin so bei “seeing it now” hängengeblieben.

Die Band ist noch ganz jung (1280 Abonennten auf YouTube) und wer weiß, vielleicht habt ihr es hier zuerst gehört?

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