Berlin, September 2023. In zweieinhalb Monaten bin ich wieder in Österreich. Für knappe drei Monate. Ich überlege jetzt schon, was ich in der Zeit mit meiner Wohnung in Berlin mache – denn Leerstand ist finanziell nicht drin. Es stresst mich subtil, bald wieder weg zu sein. Aber langfristig immer hier zu bleiben, in Deutschland, ist seit einiger Zeit #ausGründen auch keine Option mehr.
Mein „Lifestyle“ ist selbst gewählt, lange im Voraus organisiert und inzwischen wie ein dritter Job. Ich bin meine eigene Property Managerin, mein Booking-Agent, meine Back Office Mitarbeiterin, die sich um Garagenplätze für das deutsche Auto in anderen Städten kümmert und ihre Freunde fragt, ob sie vielleicht jemanden kennen, der jemanden kennt, der in genau diesem Zeitraum einen Parkplatz frei hat (weil man in Wien eigentlich nirgends mehr parken kann).
Im Juni hat das sogar geklappt. Irgendjemand kennt immer jemanden.
Warum überhaupt so leben?
Ich bin nicht die Einzige in meinem Freundeskreis, die „so lebt“. Also, saisonal zwischen den Städten. Überhaupt kommt es mir vor, dass Remote Life immer beliebter wird. Bei den neu etablierten Home-Office-Möglichkeiten auch kein Wunder, oder? Da gibt es die Person, die zwischen Köln und Berlin pendelt. Die, die gerade Berlin und Hamburg ausprobiert und auch die Kombo Berlin-Hamburg-New York soll unter sehr privilegierten Umständen möglich sein.
Auch im Trend: Die Strecke Wien – München oder München – Berlin. Auch Schweden – Deutschland ist nicht ausgeschlossen, die Fähre bringt einen in 6 Stunden von Trelleborg nach Rostock. Und dann gibt es noch die, die das halbe Jahr in Südafrika, Thailand oder Indonesien verbringen, aber mit denen bin ich seltsamerweise nicht befreundet, da scheint irgendetwas bei den Werten nicht zu stimmen.
„Warum tun wir uns das an?“, frage ich einen Freund beim Abendessen, der gerade wieder für zwei Wochen in Berlin ist. „Ganz einfach: Weil wir es können“, antwortet er und lacht. Dann lache ich, und frage mich trotzdem, ob wir uns wirklich einen Gefallen tun, mit dem ständigen An- und Abreisen.
Ob dieser „Lifestyle“ eine ungesunde Weiterentwicklung von #fomo (fear of missing out, you remember?) ist, oder eine Antwort auf fast drei Jahre Pandemie und quasi gar keine Möglichkeiten haben, eine Art Umzugswut-Traumabewältigung.
Geboren aus der Angst, dass uns bald wieder alles genommen werden könnte, durch was auch immer. Klimakatastrophe. Krieg. Atombombe. Alles nicht ausgeschlossen.
Das Corona Trauma
Ich selbst habe im Frühjahr 2021 angefangen, meine Wohnung unterzuvermieten. Ein Franzose zog mit seiner Freundin für neun Monate bei mir ein. Die Woche davor verstaute ich alles in Kisten, brachte sie in den Keller und lud nur das Wichtigste in den Kofferraum meines Autos ein. Damals bin ich trotz Corona-Hochzeit nach Schweden abgehauen, weil ich es nach vier Monaten des Eingesperrt-Seins im Berliner Winter nicht mehr zuhause ausgehalten habe.
Wenn es nicht so falsch und a…