„Unemployment for all – not just the rich“ lautet das Motto. Mit diesem Slogan versuchen User auf Reddit das Stigma der Lohnarbeitslosigkeit in etwas Neues umzudeuten. In der Community-Beschreibung steht, an wen sich der Subreddit richtet:
„A subreddit for those who want to end work, are curious about ending work, want to get the most out of a work-free life, want more information on anti-work ideas.“
Was wäre, wenn mit der Arbeitslosigkeit … das wahre Leben beginnt? Endlich wieder Zeit für sich selbst, seine Haustiere und Supermarkteinkäufe um 11 Uhr. Up-gevotete Tweets zeigen in bewusst provokanter Sprache, dass viele Amerikaner keine Lust mehr auf 3 Nebenjobs auf einmal haben, während sich ihre Bosse die fünfte Yacht kaufen. Längst haben die Bürger begriffen, dass reiche Menschen nicht reich sind, weil sie „hart arbeiten“. Auch, wenn Kim Kardashian kürzlich das Gegenteil behauptete, in dem sie Frauen unterstellte, ihren „Arsch nicht hochzukriegen“.
Die Folge: Der Account wurde tagelang von Antworten auf Kim Ks wenig reflektierte Aussage geflutet.
Spannend ist, dass der Vibe des Accounts sich auch langsam auf dem Arbeitsmarkt widerspiegelt. Tatsächlich verlassen immer mehr Amerikaner den regulären Arbeitsmarkt. Seit dem Frühjahr 2021 haben mehr als 33 Millionen freiwillig ihre Kündigung eingereicht (Quelle: Zeit Online). Ein Phänomen, das als “Great Resignation” bekannt wurde. Viele suchen sich einen neuen, attraktiveren Job – auch, weil viele Arbeitgeber dringend nach Bewerbern suchen. Andere wollen überhaupt keine reguläre Stelle mehr. Aktuell sind immer noch 1,8 Millionen US-Bürger weniger in einem Angestelltenverhältnis, als noch vor der Pandemie.
Der Subreddit ANTIWORK ist deshalb so wichtig, weil er einen Safe Space für all jene bietet, die keine Lust auf Erwerbsarbeit für den Rest ihres Lebens haben. Und vor allem: diesen Wunsch dort auch artikulieren können, ohne als „faules“ Pack denunziert zu werden. Das ist das wirklich Neue an der ganzen Sache: Es geht nicht darum, wie man am schnellsten einen neuen Job findet (#bewerbungscoaching), sondern wie es gelingt, Arbeit zu dezentrieren. Und nein, das ist natürlich nicht immer einfach – oder gar möglich.
„As many others on this sub have said, therapy really is pointless. Your therapist can’t end capitalism.“
Auch, wenn manche Aussagen wehtun (weil sie wahr sind): Es hilft zu lesen, dass andere genauso fed up sind, wie man selbst. Dass Adjektive wie „fleißig“ und „hard working“ ihrer Bedeutung beraubt und als uncool gelabelt werden.
1,8 Millionen Nutzer können nicht falsch liegen. Die Investmentbank Goldman Sachs hat in einer Analyse inzwischen davor gewarnt, dass der Arbeitsmarkt langfristige Folgen davon tragen können.
Ob die ANTIWORK Bewegung auch in Deutschland ankommen wird? Vermutlich nicht. Was würden die Millionen von fleißigen, deutschen Studienabsolventen auch sonst mit ihrem Leben anfangen.