Seit zwei Jahren sitzen wir nun schon mit chipsbesudelten Jogginghosen im Home-Office und tun bei Meetings gerne so, als ob im Hintergrund nicht gerade die Wäsche trocknen würde. Ans Längerschlafen dürften sich die meisten gewöhnt haben – aber was ist mit dem Alltagstrott zwischen Hundepark, Supermarkt und rotierenden Streaming-Abos? Warum den nicht mal eben gegen Sonne, Strandspaziergang und Nationalparks tauschen?
Achja. Weil da ja noch der Arbeitgeber wäre.
Und es wäre nicht der Arbeitgeber, wenn er nicht die Regeln für seine Mitarbeiter vorschreiben würde. Oft habe ich von Freunden gehört, dass sie nur deshalb gerade nicht in Spanien oder Portugal arbeiten, weil das nicht erlaubt sei.
„Mein Arbeitgeber sagt, das ist rechtlich nicht erlaubt.“
„Das wäre dann steuerlich kompliziert… glaube ich.“
„Ich muss wegen der Krankenversicherung im Home-Office in Deutschland bleiben.“
Turns out: ER*SIE LÜGT!!!111 Denn aus juristischer Perspektive ist es tatsächlich absolut legal, als deutscher Arbeitnehmer Home-Office im EU-Ausland zu machen.
Mach den Check
Du bist rechtlich auf der sicheren Seite, wenn du folgende drei Fragen mit „Ja“ beantwortest.
1. Gilt die EHIC (Europäische Krankenversicherungskarte) an meinem Wunscharbeitsort?
2. Bleibe ich kürzer als 183 Tage?
3. Habe ich die Möglichkeit, von meiner Unterkunft aus zu arbeiten?
Dass dein Arbeitgeber gegen den Home-Office-Aufenthalt auf den Kanaren ist, hat also nichts damit zu tun, dass es irgendwie “juristisch unmöglich” wäre. Er möchte vermutlich einfach nicht, dass seine treuen Arbeitsbienen zu weit weg sind.
Ich habe in diesem Artikel die größten Bedenken von Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Punkto „Home-Office im Ausland“ kommentiert. Mit meinen Recherchen kannst du dann zu deinem Chef gehen, und ein Gespräch anstoßen.
Um eine offizielle Erlaubnis kannst du ihn zwar nicht zwingen, aber wenigstens musst du nicht mehr irgendwelche „juristischen“ Halbwahrheiten glauben.
Was passiert, wenn ich vor Ort krank werde?
Du wirst … krank – aber sonst ist alles wie zuhause. Die Vorlage der Europäischen Krankenversicherungskarte (Rückseite deiner Krankenversichertenkarte) genügt, um sich im europäischen Ausland bei einem Unfall oder einer akuten Erkrankung medizinisch behandeln zu lassen.
Es besteht ein Anspruch auf die Leistungen, die sich während des Aufenthalts im Gebiet eines anderen EU-Mitgliedstaates als medizinisch notwendig erweisen. Die anfallenden Kosten werden von der gesetzlichen Krankenkasse des Patienten erstattet.
Sogar wenn du einen Arbeitsunfall im Ausland hast, bist du durch die deutsche gesetzliche Unfallversicherung abgesichert. Seit Inkrafttreten des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes gilt ein erweiterter Versicherungsschutz für Beschäftigte, die auch im Ausland unter dem deutschen gesetzlichen Unfallversicherungsschutz stehen.
Ich selbst war bereits in Kroatien und Österreich im Krankenhaus – und konnte dank meiner EHIC problemlos kostenlos behandelt werden.
Die 183-Tage-Regel: Wie lange darf ich im EU-Ausland bleiben?
Auch wenn der Arbeitnehmer regelmäßig im Ausland arbeitet, bleibt er im heimischen Sozialversicherungssystem, wenn diese drei Bedingungen erfüllt sind:
• Der Arbeitnehmer macht regelmäßig Homeoffice in Deutschland und im Ausland.
• Der Wohnsitz des Arbeitnehmers liegt in Deutschland.
• Ein wesentlicher Teil der Arbeit des Arbeitnehmers ist in Deutschland oder der Sitz des Arbeitgebers liegt in Deutschland.
Es gilt die Regel: Werden 183 Tage (ca. 6 Monate) Aufenthalt in einem anderen EU-Staat nicht überschritten und das Arbeitsentgelt von einem in Deutschland ansässigen Unternehmen gezahlt, bleibt der Beschäftigte in Deutschland steuerpflichtig.
Brauche ich eine Aufenthaltsgenehmigung?
Nein. Innerhalb der EU brauchen mobil arbeitende EU-Bürger aufgrund der Freizügigkeit keine Aufenthaltsgenehmigung. Es sind die Meldepflichten des jeweiligen Landes zu beachten.
Muss ich im Ausland Steuern zahlen?
Nein. Eine Grundregel des deutschen Einkommenssteuergesetzes besagt, dass Arbeitnehmer immer dort Steuern zahlen müssen, wo ihr Wohnsitz ist.
Alles klar? Ich bin dann mal weg.