Eine eingesprochene Version des Texts findet ihr im Steady-Podcast von Groschenphilosophin.
Mit diesem Satz slidete mir vor zwei Jahren eine Userin in die DMs. Wenig verwunderlich, schließlich ist ganz Instagram und TikTok voll von pseudo-wissenschaftlichen Mental-Health-Accounts, die uns rund um die Uhr kostenlos mit Informationen zu ADHS, Autismus, Narzissmus, Angst- und Persönlichkeitsstörungen beliefern.
So lange, bis auch die letzten glauben, sie hätten ADHS, weil sie sich in einer überkomplexen Welt voller aufmerksamkeitsmissbrauchenden Apps nicht länger als drei Minuten auf ihre 50-seitige Seminararbeit über Sylvia Plath konzentrieren können. Duh.
Is it just me? Oder ist der “Mental-Health-Diskurs“ aus dem Ruder gelaufen? Apparently it’s not just me, wie ich dank diesem hervorragenden Artikel von Rebecca Jennings feststellen konnte.
Jennings schreibt eine dichte, argumentativ nachvollziehbare Analyse über die BuzzFeedification of Mental Health – und warum das Internet als eine Art „categorization machine“ dazu beiträgt, dass wir uns von der Weite des Raums und der Zahl der Menschen, mit denen wir täglich zu tun haben, so überwältigt fühlen, dass wir uns in Kategorien einteilen müssen.
Autor P.E. Moskowitz, den Jennings zitiert, schreibt: “ADHS, bipolare Störungen – was auch immer es sein mag – werden zu Mikrogemeinschaften, in denen wir Sicherheit und Bedeutung finden können.“ Selbstselektive Prozesse seien für den Menschen natürlich, und sie können im Internet offensichtlich recht nützlich sein, um ein bestimmtes Umfeld zu fördern. So müssen beispielsweise Gruppen für Menschen, die von der Gesellschaft oft an den Rand gedrängt werden (wie psychisch Kranke oder Menschen, die ein gemeinsames Trauma erlebt haben) ein gewisses Maß an Exklusivität aufweisen, um überhaupt nützlich zu sein.
Das Problem beginnt, so Moskowitz, wenn diese Identitätsmarker als rhetorisches Mittel eingesetzt werden.
“I see it most when people want to win arguments — they pathologize themselves to give themselves authority (‘I have XYZ disorder therefore you must listen to me’), Moskowitz says.
So. Genug der Zusammenfassung. Kommen wir noch mal zu der Frage zu Beginn zurück, die mir in den DMs gestellt wurde. Oder, besser gesagt, meiner Antwort darauf.
Ich habe damals geschrieben, dass ich nicht öffentlich über meine (erhaltenen, oder nicht erhaltenen) Diagnosen sprechen möchte, weil ich es a) an dieser Stelle unpassend finde und b) nicht darüber definiert werden möchte. Bis heute bin ich bei dieser Meinung geblieben.
Schade eigentlich, denn aus meiner Neurodiversität hätte man (AKA Medienverlage) gut Profit schlagen können. Wenn ich mich nach der internet’schen Küchenpsychologie diagnostizieren würde, wäre ich auf jeden Fall hochsensibel, hätte eine Impulskontrollstörung und OCD. Ich wäre depressiv und autistisch, und vermutlich auch narzisstisch.
Das „Witzigste“ an der ganzen Sache ist, dass diese Diagnosen gar nicht so far from dem sind, was ich tatsächlich von studierten Psychologen und Therapeuten zu hören bekam, ohne jetzt hier weiter ins Detail zu gehen, weil: siehe oben.
Ich möchte mich nicht „outen“ und me…