Neulich war ich mit einer befreundeten Journalistin essen. Sie erzählte mir von ihren Anfängen als Freie bei einer Lokalzeitung – und wie sie schließlich in der lange ersehnten Festanstellung landete. Endlich konnte sie ihr „Hobby“ zum Beruf machen, täglich schreiben und publizieren. Und irgendwann, da kam sie an diesen Punkt, an dem es nichts Besonderes mehr war. Egal, was sie am Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag oder Freitag zu Ende brachte, es war nie genug. Es war selbstverständlich, dass sie Gedanken ausformulierte, dass sie diese ihrem Chef vorlegte und schließlich im Internet wiederfand. Das, worauf sie hingearbeitet hatte, was sie noch als 18-Jährige hätte Luftsprünge machen lassen, wurde ihr zum Verhängnis.

Das kritische Bewusstsein setzte sich auch in anderen Bereichen fort. Das, was andere auf Facebook posteten, war ihr genauso wenig gut genug. Das fancy Pop-Up-Event im Karoviertel? Überbewertet. Die Instagram-Fotoausstellung für lau? Ich bitte dich.
Mit ihren eigenen, beinahe übersteigerten Vorstellung von „der richtigen Sprache“, der perfekten Headline und dem neuesten Thema war es unmöglich, sie zu beeindrucken.

Alle in ihrem Umfeld taten ungefähr dasselbe und wenn sie von etwas berichtete, über das sie schrieb, zuckten die unbeeindruckten Steffens, Ankes und Heikos nur mit den Schultern. Es war egal, denn auch sie publizierten in unterschiedlichsten Medien, hatten Filmprojekte am Start oder erste Eröffnungen und wussten über die Produktionsbedingungen im kreativen Betrieb Bescheid.

Meine Freundin – nennen wie sie Helena – fing an, andere zu verurteilen und über ihre Texte zu lästern. „Hast du gesehen?“, „Warum tut sie dies?“, „Warum das?“

Ich dachte eine Weile darüber nach. Woher kam der vermeintliche Hass auf die anderen, die doch eigentlich dasselbe taten wie Helena? Warum konnte sie sich nicht mehr über die Texte freuen, die sie publizierte? Journalistische „Adelungen“ gab es noch immer, natürlich. Aber selbst nach einer Titelgeschichte für ein bekanntes Printmagazin fühlte Helena nichts mehr. Sie war nicht mehr stolz, wenn sie abends nach Hause ging. Genau da hatten wir gemeinsam das Problem lokalisiert.

Wer sein Hobby zum Beruf macht, hat kein Hobby mehr. Das, was Spaß brachte und was man in einer Freundesrunde stolz erwähnte, weil man Interesse an etwas anderem als dem eigentlichen Beruf oder Studium hatte, wurde zu Zwecken der Lohnarbeit entfremdet. Das, worin man – für Amateurverhältnisse – gut war, professionalisiert. Und damit stiegen auch die eigenen Anforderungen. Und da, wo Anforderungen notwendig sind, um bezahlt zu werden, steigen auch die Erwartungen. Die eigenen, die gegenüber anderen und auch gegenüber der eigentlichen Profession.

Ich dachte an meine Freundin in Polen, die zuerst ein eigenes Modelabel gründete – und schließlich doch bei einem recht bekannten englischen Herrenausstatter in London landete. Um ihre Fähigkeiten dort einzusetzen, wo sie Geld einbrachten. Zwei Jahre später hatte sie jegliche Leidenschaft für Fashion verloren. Sie arbeitete noch in dem Bereich – am liebsten wäre ihr heute jedoch ein Leben als Hausfrau und Mutter.

Die Frage, die uns alle drei eint, ist dieselbe. Was passiert, nachdem man seine eigenen Fertigkeiten als „normal“ betrachtet? Als immer schon dagewesen? Verliert man den Respekt – nicht nur vor anderen, sondern auch vor sich selbst als arbeitender Mensch? Weil man sich nicht mehr herausgefordert fühlt, weil man routiniert arbeitet und weil genau das von anderen, als auch einem selbst verlangt wird? Weil man sieht, wie viele andere Menschen in genau derselben Branche arbeiten und wie sie zu begeisterungslosen, egal-gähnenden Zombies werden?

Klar ist es gut, diese Sicherheit zu haben, dass man unter allen Umständen abliefern wird (Umzug, Trennung, Studienbeginn). Aber warum sind wir so verdammt streng zu uns? Warum lehnen wir uns nach Feierabend nicht zufrieden zurück und denken: GEIL! Du hast es einfach drauf, Frau.

Nein, stattdessen wird neidisch zu anderen hinübergeschielt, die sich selbst feiern. Grundlos, wie es arroganterweise oft scheint. Weil sie noch in den Anfängen stecken, zum Beispiel, und diese Energie und Selbstüberzeugung versprühen, die man als Neo-Profi nicht mehr hat. Vielleicht sind sie auch schlicht besser darin, ihre besonderen Fähigkeiten anzuerkennen. Als etwas, das nicht automatisch kommt, sondern jahrelang trainiert und verbessert wurde.

Wenn all das Nachdenken und Rationalisieren nichts mehr nützt, muss eben eine neue Leidenschaft her. Etwas, das uns befriedigt nach Hause kommen lässt. Und wenn es der Kochkurs ist. Wer weiß, was sich daraus entwickelt. Interesse war noch immer der beste Wegweiser.

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Für alle, die kommentieren wollen: Seid ihr stolz auf das, was ihr tut? Was hat sich verändert, seit ihr eurer Hobby zum Beruf gemacht habt? Gibt es noch die Momente, die euch früher haben strahlen lassen? Oder habt ihr festgestellt: Nö, ich brauch wirklich etwas Neues.

Foto: Virginia Woolf (Study II) Painting by Mathieu Laca, Oil on Canvas

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