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Eine einfache Rechnung. Wie viele Stunden verbringst du täglich mit deinen mobilen Endgeräten? Wie viele Stunden verbringst du mit deinen eloquent über TTIP debattierenden Freunden im Park? Eben. Wir alle kennen die ernüchternde Antwort.

Noch bevor ich Twitter checke, riskiere ich morgens einen Blick (oder fünf) auf Whatsapp und die mir digital übermittelte Lebensrealität meiner Liebsten, die sich aus unterschiedlichsten Gründen gerade nicht in meiner Nähe befinden. Die Zeit, die physisch zusammen an ein und demselben Ort verbracht werden kann, wird knapper, je älter und unabhängiger man wird.

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Um die Zeitspanne zu überbrücken, die man nicht gemeinsam Gossip austauschend vergammeln kann, gibt es diverse Apps, die einem dabei helfen eine kuschelige Cloud aus sich gegenseitig zugesandten Selfies, Outfits und Sprachnachrichten einzurichten. Wenn es gerade passt, sendet man einen Artikel oder diesen Track, den man vorhin beim Duschen gehört hat. So wird der Kontakt immer weiter ins Digitale verlagert, bis man gar nicht mehr weiß, wie das Gesicht des anderen ohne Filter aussieht.

Zur Person, die man irgendwo zwischen Schulbuffet und dem gemeinsamen Festivalbesuch 2009 kennen lernte, gesellte sich ganz automatisch das onlineaffine Alter Ego. Plötzlich erkannte man Facetten der Persönlichkeit in der virtuellen Repräsentation des anderen wieder.

Aber auch das digitale Abbild der eigenen Person gehört für viele zum fixen Bestandteil des Selbst. Dass ich gerne in Photoshop herumhantiere wissen meine Freunde nicht aus Gesprächen, sondern durch das, was ich auf meinen Profilen veröffentlicht habe.

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Trotzdem, die Reihenfolge scheint klar zu sein: Man lernt sich bei einem netten BBQ auf der Donauinsel kennen, bevor man Nummern oder den Facebook-Namen austauscht und dort weiterkommuniziert.

Real-Life vs. Digital-Life. Eine künstliche Trennung?

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Menschen, die sich online und offline kennen gelernt haben, ist, dass erstere den Kommunikationsstil und die visuelle Repräsentation schon vor der ersten Begegnung auf Übereinstimmungen mit den eigenen Präferenzen hin untersuchen konnten. Das da, online, bin genauso ich. Vielleicht kann ich meiner Persönlichkeit sogar besser Ausdruck verleihen, als „in echt“, wo mir die technischen Hilfsmittelchen fehlen. Likes, Empfehlungen, Grafiken. Kann mir das mal jemand sagen? Und: Ist diese Art des Kennenlernens wirklich abzuwerten, wenn man bedenkt, dass nach und nach sowieso eines Thema werden wird: Die aufeinander abgestimmte Kommunikation, in absentia? Zumindest wenn man nicht vorhat, von Tag 0 an zusammen zu kleben. Diese richtig einzuschätzen, scheint gerade bei den Onlinern am einfachsten. Sie ist das erste, was man vom anderen tatsächlich mitbekommt.

Das ist aber recht traurig, werden die Kritiker meinen, dass man so anfängt, Beziehungen aufzubauen oder zu vertiefen, schließlich zählt doch die Zeit, die man miteinander verbringt, mimimimi und kein dahinprojiziertes Kunst-Ich. Und natürlich, ganz ohne gemeinsames Story-Telling wird die Angelegenheit schwierig. Es sei denn, man möchte mit nichts anderem beschäftigt sein, als Nachrichten zu beantworten. Nichtsdestotrotz ist das Leben, das man im Alltag via Chatoption teilt, auch ein wichtiger Part.

Dass soziale Netzwerke und „neue“ Kommunikationsmöglichkeiten unsere Emotionen beeinflussen, ist auch ohne wissenschaftliche Langzeitstudien mehr als offensichtlich. Wer ist die Person, von der du morgens freudig eine Nachricht erwartest? Und was sagt das über die Verbindung zu dieser aus? Wessen Leben interessiert dich so sehr, dass du gleich nachsehen möchtest, ob sie etwas Neues gepostet hat, während du fünf Stunden offline warst? Und, wenn es diese Menschen in deinem Leben gibt, zu denen du eine besondere Beziehung hast – wieso sollen sie nicht auch digital neben dir koexistieren dürfen?

In Zeiten, in denen ein Großteil der Menschheit jede halbgare Kartoffel auf Facebook teilt, wirkt es beinahe absurd über jemanden zu urteilen, der sich mit „Menschen aus dem Internet“ trifft. Jeder von uns ist „aus diesem Internet“. Manche kannte man schon davor, ohne einen persönlichen Mehrwert daraus gezogen zu haben. Andere lernt man dort erst kennen.

Ist der Unterschied wirklich so gravierend? Think about it.

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