Als George einen unbekannten Anruf erhält, ahnt er genauso wenig von dessen Inhalt wie der Überbringer der Nachricht von der Dimension seiner persönlichen Relevanz. Georges langjähriger Partner Jim stirbt bei einem Autounfall. „A Single Man“ handelt nicht von dem Tag, als der Unfall geschah. Er handelt von Georges Leben im Schockzustand danach. Es ist keines, um das man ihn beneidet.
For the past eight months, waking up has actually hurt. Cold realization that I’m still here slowly sets in. I was never terribly fond of waking up. I was never one to jump out of bed and greet the day with a smile as Jim was.
Tom Fords Filmdebüt aus dem Jahre 2009 schafft es gekonnt mit dem gemäldegleichen Fluss der Bilder, gepaart mit einem Soundtrack, der auch ohne dazugehöriger Story schlichtweg jeden, der kein Herz aus Stein hat, zum Weinen bringt, eine tragisch melancholische Gefühlswelt zu kreieren. Dabei wirkt die Geschichte fast sekundär. Es ist der am Abgrund stehende Hauptprotagonist, durch dessen Augen wir die Welt plötzlich anders sehen. Die realitätsnahen Dialoge, die er mit seiner guten (wenn nicht einzigen) Freundin Charly führt, regen trotz nicht allzu in die Tiefe gehendem Inhalt zum Nachdenken an.
Der britische Professor George Falconer (Colin Firth) hat sich oberflächlich gesehen ein perfektes Leben in Los Angeles geschaffen, arrangiert sich mit seinen Nachbarn ebenso gut wie mit dem “american way of life“ und wohnt in einem architektonischen Meisterwerk. An der Universität wird er von seinen Studenten geachtet, von einem sogar verehrt und oft zitiert. Doch seit Jims Tod erscheint ihm neben den alltäglich zu erledigenden Pflichten auch seine Professur bald als sinnlos. Immer wieder lässt der Regisseur die Zuseher durch Rückblenden in Georges Gedankenwelt eintauchen. Eine Welt, in der Jim noch lebt. Dadurch wird seine Depression in der Gegenwart als besonders real erlebt.
“A Single Man” handelt davon, einen geliebten Menschen zu verlieren. Von nicht mehr und nicht weniger. Dabei überkommt einen ein gewisses Gefühl der Tristesse, das solch ein Drama schließlich ausmacht. Gerne betont George, dass die Zukunft Tod bedeutet. Dass der Tod uns letztendlich alle treffen wird. Womit er nicht Unrecht hat. Christopher Isherwoods gleichnamiger Roman wurde bei seinem Erscheinen im Jahre 1964 als kleine Sensation gefeiert, da er als erstes literarisches Zeugnis einer sich gerade erst formierenden emanzipatorischen Schwulenbewegung galt.
A few times in my life I’ve had moments of absolute clarity, when for a few brief seconds the silence drowns out the noise and I can feel rather than think, and things seem so sharp and the world seems so fresh. I can never make these moments last. I cling to them, but like everything, they fade. I have lived my life on these moments. They pull me back to the present, and I realize that everything is exactly the way it was meant to be.
Dass das Leben nicht immer grausam zu ihm war, erkennt man an Zitaten wie diesen. Er beschreibt dabei die Augenblicke, die das Leben ausmachen. Tanzen mit Freunden. Die Nähe eines geliebten Menschen. Momente, in denen man lebt, ohne ständig den Sinn dabei zu hinterfragen. Denn gerade das ist es, was George nach Jims Tod zur Verzweiflung treibt.
Iʼm exactly what I appear to be, if you look closely. You know the only thing that has made the whole thing worthwhile has been those few times that I was able to really, truly connect with another human being.
Ein Film, der einen alles rundherum vergessen lässt. Keiner hätte diese Rolle besser gespielt als Colin Firth. Ernsthaft, sensibel und zugleich brachial. Obwohl die meisten Zitate auf Englisch weitaus eleganter klingen, muss ich doch eines („if it’s going to be a world with no time for sentiment, it’s not a world that I want to live in“) auf Deutsch niederschreiben:
Eine Welt, in der es keine Zeit für Gefühle gibt, ist eine Welt, in der ich nicht leben möchte.