Es gibt diese Fotos, bei denen denkt man sich eigentlich gar nicht so viel. Man schießt sie quasi im Vorbeigehen und hat dann zufällig einen Gedanken parat, den man hinzufügt und gemeinsam mit dem Foto als fertigen, leicht konsumierbaren Schnipsel in die Storys lädt. Die letzten Monate haben mir gezeigt, dass es genau diese Momente sind, in denen Kreativität fließt, weil sie sich nicht in einem weißen Worddokument entfalten muss.
Manchmal, da habe auch ich diese Tage, an denen ich mein MacBook nicht einmal anfassen möchte. Nicht, weil ich keine Gedanken hätte, die ich gerne niederschreiben würde, sondern weil mich der Prozess – dieses stets mit Arbeit konnotierte Öffnen des Word-Dokuments – innerlich abschreckt und ganze Gedankengänge im Keim erstickt. Weil er meinem Kopf suggeriert: „So, du hast zwar schon auch Spaß am Schreiben, aber du weißt: Am Ende muss etwas dabei rauskommen und du musst es absenden und es muss gut sein und pointiert und originell und überhaupt, übertriff dich doch mal wieder, hast du schon länger nicht gemacht.“ Manchmal, da sind Gedanken auch weg, bis man wieder zuhause ist. Wer holt schon beim Gehen sein Notizbuch heraus? Wer wie ich kein Problem (mehr, haha) damit hat, Gedankengänge im öffentlichen Profil preiszugeben, kann stattdessen einfach Instagram nutzen.
Bei Instagram ist mein Workflow (dieses Wort though) anders, was vermutlich auch der spielerischen Oberfläche zu verdanken ist. Man schreibt kurz und knackig, während man mit seinen Freunden in Verbindung steht, ist weniger in diesem isolierenden „Writer’s Retreat Modus“ und stattdessen mehr im visuell untermauerten „echten Leben“. Es macht einen Unterschied, ob ich mich vors MacBook setze und Insta-Texte tippe, oder ob ich sie einfach ad hoc unter das gerade ausgewählte Foto tippe. Den eigenen Perfektionismus für einen Moment abzulegen kann so gut tun. In dem Sinne ist Instagram trotz des hohen Ablenkungsfaktors auch ein echter Kreativitätsbooster für mich.
Ich sehe zum einen gleichgesinnte Autoren und Autorinnen, kann zum anderen Themen erstmal bei meiner Community antesten, um zu sehen, ob sie eventuell mehr Stoff hergeben – für einen ganzen Artikel oder eine Podcastfolge zum Beispiel. Erst vor einer Woche ist genau das mit #lovebits passiert. Ohne nachzudenken habe ich ein Problem thematisiert, das mir aufgefallen ist, und habe prompt etliche DMs bekommen, die mir Recht gaben oder mich einfach nur dafür lobten, überhaupt etwas in diese Richtung angesprochen zu haben. Am Morgen danach war ich so motiviert wie schon lange nicht mehr und bin gleich ins Café, um den Text fertigzustellen. Es macht einen Unterschied, ob man Follower hat, die mit den eigenen Texten interagieren oder nicht, ob man seine Followerschaft in gewisser Hinsicht gefunden hat und demnach auch adäquater mit relevanten Inhalten unterhalten kann.
Ich für meinen Teil bin sehr froh, wie sich die Verbindung mit meiner Community entwickelt und freue mich über jeden neuen Follower und Input. Anders als bei Twitter besteht meine Followerschaft auf Instagram hauptsächlich aus Frauen zwischen 17 und 30 Jahren. Von den neuen 300 Followern letzte Woche, die durch DariaDaria und Minusgold zu mir „rübergespült“ wurden, waren – soweit ich das überprüft habe – drei oder vier Männer dabei. Klarer kann man als Autorin eigentlich gar nicht aufgestellt sein.
Dabei war es nie meine Intention, ausschließlich für Frauen interessant zu sein – schließlich schreibe ich über universelle Themen wie Popkultur, Kunst und digitale Gefühle. Es ist ja nicht so, als ob Männer diese nicht hätten. Es scheint trotzdem so, als ob Männer weniger Lust hätten, auf den bild- und selfielastigen Insta-Feed und sich stattdessen lieber weiterhin ihrem geschlechterspezifischen Habitus entsprechend auf Twitter auslassen.
Aber das wäre ein anderes Thema.